Magic X (vormals Beate Uhse) in der grössten Schweizer Programmzeitschrift "Tele"
Bericht über Magic X - Teil 1 (PDF)
Bericht über Magic X - Teil 2 (PDF)
Text des Artikels:
Früher kamen nur die Männer. Doch heute stürmt eine neue Klientel die SEXSHOPS: Frauen und Pärchen sind im
Visier der Lustmacher. Die Schweiz spielt hier sogar eine Pionier-Rolle.
Zwei Frauen flanieren durchs
Einkaufszentrum und spazieren in ein grosszügig beleuchtetes Geschäft. Vor
einem Regal bleiben sie stehen, nehmen Unterwäsche in die Hand, schauen sich
Kerzen an, lesen, vergleichen, kichern. Das Ungewöhnliche an der Szenerie: Die
Kundinnen befinden sich nicht im Manor oder Jelmoli, sondern im Erotikshop.
Früher befanden sich diese Läden meist in
dunklen Gassen - von aussen war das delikate Angebot kaum zu erahnen - und
wurden fast ausschliesslich von einem männlichen Publikum frequentiert. Heute
suchen immer mehr Frauen und Pärchen den Weg in diese Shops. «Erotik ist ein
Lifestyle-Thema geworden», bestätigt Jan Brönnimann, Marketingleiter von «Magic
X». Die Schweizer Sexshop-Kette hat das schnell erkannt. Um vom Schmuddelimage
wegzukommen, setzten sie einige Hebel in Bewegung: Das Lizenzverhältnis mit dem
deutschen Beate-Uhse-Konzem wurde gelöst, die Shops in «Magic X» umbenannt, in
Innenstädten und Einkaufszentren platziert und mit einer breiten
Schaufensterfront versehen. Heute geniessen die Passanten einen grosszügigen
Einblick ins Innere der Läden.
Ein weiterer wesentlicher Unterschied: Das
Sortiment wurde erweitert. Brönnimann: «Heute bieten wir Produkte an, die eine
erotische Stimmung erzeugen und den Sex aufregender gestalten.» Reizwäsche,
Lockstoffe, Kondome in allen Farben und Formen oder Gleitmittel. Der neugierige
Kunde findet mittlerweile aber auch extravagante Utensilien wie aphrodisierende
Badewasserzusätze, antörnende Brett(vor)spiele und sich in Massageöl
verwandelnde Kerzen in einem «Magic X»-Shop.
Alle diese Produkte haben eines gemein: Sie
sollen mehr Pep in die Pärchen-Bettgeschichten bringen. Ist das denn nötig?
Eine letztjährige Studie der Uni Bern ergab: Das Schweizer Sexleben ist nicht
so prickelnd wie angenommen. Laut der Umfrage klagen 20 Prozent der Befragten
über lahme Libido, Lustverlust und Liebesfrust. Herrscht heute also tote Hose
in unseren Schlafzimmern? Brönnimann winkt ab: «Keineswegs! Sie gehen ja auch
nicht in ein Restaurant, weil das Essen daheim langweilig ist. Die Leute gehen
heute viel unverkrampfter mit dem Thema um. Sie sind neugierig und erweitern
ihren sexuellen Horizont, ohne sich dafür zu schämen.»
Was sonst noch auffällt: Den Bedürfnissen
der Frau wird mehr Rechnung getragen. Das beweist auch der Blick auf die
Verkaufszahlen von Sexspielzeugen. «Der Umsatz von Vibratoren und Dildos
explodiert regelrecht. Wir verzeichnen einen Zuwachs von 20 bis 30 Prozent pro Jahr»,
stellt Brönnimann fest. Ausserdem traut sich die Frau von heute, über ihre sexuellen
Phantasien zu sprechen, und meldet im Bett ihre Bedürfnisse an. Auch da hat der
Markt reagiert: Online-Erotikshops speziell für Frauen sind entstanden, an so
genannten Fuckerware-Partys werden Dildos und Vibratoren statt
Plastik-Küchengefässe dargeboten, und die in Sexshops erhältlichen Artikel sind
so verpackt, dass sie vermehrt die Frauen anlocken.
Das macht Schule: Der Beate-Uhse-Konzern,
der bis vor kurzem am alten Konzept festhielt und tief in die roten Zahlen
geriet, ist dem Beispiel des ehemaligen Schweizer Partners gefolgt und
entschmuddelt seine Läden. Liebespaare spazieren heute so selbstverständlich in
Sexshops, als wären es Sportgeschäfte. Nun - irgendwie sind sie das ja
auch.
Mischa Christen
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